Startseite Tatenbank Fallbeispiele Frühlingserwachen im Inselpark
Frühlingserwachen im Inselpark
Ort: Wilhelmsburger Inselpark (Bezirk Hamburg-Mitte)
Zeit: Jedes Jahr an einem Samstag im Mai
Anzahl der Gäste: Etwa 1000 Besucher:innen
Institution: Bezirksamt Hamburg-Mitte
Das Frühlingserwachen ist ein eintägiges, kostenloses Fest mit kulturellem und gastronomischem Angebot, Mitmach-Aktionen und Informationsständen im Inselpark in Wilhelmburg. Das Bezirksamt Hamburg-Mitte organisiert das Fest seit 2015 jedes Jahr an einem Samstag im Mai und läutet so die neue botanische Saison im Inselpark ein. Das familienfreundliche Fest richtet sich in erster Linie an die sehr diverse Nachbarschaft in Wilhelmsburg, aber empfängt auch Besucher:innen von außerhalb. Für die Veranstaltenden ist die Kooperation mit Akteuren aus dem Stadtteil besonders wichtig. Großen Wert legt das Fest außerdem auf ökologische Nachhaltigkeit. Das spiegelt sich nicht nur im Programm wider, das sich rund um Nachhaltigkeitsthemen dreht. Die Veranstaltenden möchten zudem zeigen, dass sich ein Festival auch umweltfreundlich umsetzen lässt – das heißt ohne riesige Mengen an Abfall, Lärmbelästigung, beschädigte Grünflächen, schlechtes Essen und so weiter. Dafür haben die Veranstaltenden zwölf Handlungsfelder erarbeitet, angelehnt an die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Diese reichen von umweltfreundlicher Mobilität über kooperative Zusammenarbeit mit allen Partner:innen bis hin zu barrierearmen Teilnahmemöglichkeiten. Nicht nur die Veranstaltenden, sondern auch alle Kooperationspartner:innen verpflichten sich, diese Handlungsfelder bestmöglich umzusetzen.
Nachhaltige Beschaffung beim Frühlingserwachen: Leihen statt kaufen und Vorhandenes nutzen
Problematik
Veranstaltungen benötigen in der Regel große Mengen an Materialien: für Dekoration, Information und Give-Aways sowie für die gesamte Logistik rund um Beschilderung, Stände, Bühnen, Sitzmöglichkeiten und Sanitär. Viele Materialien sind dabei nur für die einmalige Nutzung konzipiert und landen danach im Müll.
Lösungsansatz
Die Veranstaltenden haben sich zum Ziel gesetzt, das Frühlingserwachen so zu organisieren, dass es ohne große Mengen an Abfall auskommt. Nach dem Grundsatz „Reduce, Reuse, Recycle“ (auf Deutsch „reduzieren, wiederverwenden, recyceln“) versuchen die Veranstaltenden zuallererst, ganz auf Materialien zu verzichten, sie zu leihen oder vor Ort Verfügbares zu nutzen, anstatt Neues zu kaufen. Dafür kooperieren sie mit verschiedenen Partner:innen, wie zum Beispiel mit Tentsetter, einem Zeltverleih aus Hamburg, oder Planten und Blomen, einem anderen Park in Hamburg, von denen sie Bierzeltgarnituren erhalten. Um die Druckauflage des Programmhefts möglichst gering zu halten, verbreiten die Veranstaltenden das Programm vor allem online und geben es nur auf Nachfrage in Papierform heraus. Auch Flyer werden nur auf Anfrage unter den Besucher:innen verteilt. Zahlreich wachsende Blumen aus dem Inselpark dienen als Dekoration. Einige Materialien lassen sich nicht leihen oder reduzieren und es braucht maßgeschneiderte, eingekaufte Lösungen. Hier achten die Veranstaltenden beim Kauf darauf, dass die Materialien wiederverwend- oder recycelbar sind und aus umweltverträglicher Herstellung stammen. So werden Banner ohne Datum gedruckt, damit sie im nächsten Jahr wiederverwendet werden können. Auch das Wegeleitsystem aus Holzpaletten von Zelt17 kann jedes Jahr wiedereingesetzt werden. Als Give-Away gab es 2022 eine Holzmedaille, gefertigt aus den Resten heimischer Hölzer in einem kleinen Familienunternehmen aus Süddeutschland. Die Veranstaltenden möchten außerdem die Lebensdauer der Materialien erhöhen und nutzen beispielsweise die Banner schon vorab als Werbung.
Herausforderungen
Für einige Bereichen lassen sich nur schwer nachhaltige Lösungen finden. So kommen beim Frühlingserwachen auch veranstaltungsspezifische Banner, wie zum Beispiel ein Banner mit der Programmübersicht, zum Einsatz. Diese können nicht wiederverwendet werden und landen nach dem Fest im Abfall. Druckerzeugnisse, wie Flyer und das Programmheft, sind zwar mit dem Blauen Engel zertifiziert und die Auflage ist gering, jedoch würden die Veranstaltenden gern komplett auf den Druck verzichten. Denn auch diese Materialien entsorgen die Besucher:innen in der Regel nach dem Fest im Müll.
Bilanz
Insgesamt sind die Veranstaltenden mit ihrem Beschaffungskonzept sehr zufrieden, denn sie kaufen fast nichts Neues ein und vermeiden so viel Abfall. Stattdessen nutzen sie die Gegebenheiten vor Ort oder kooperieren mit Partner:innen, um Materialien zu leihen oder bereits genutzten Gegenständen ein zweites Leben zu geben. Dies reduziert natürlich die Auswahl an Materialien und somit die Gestaltungsmöglichkeiten – die Dekoration fällt deshalb beispielsweise eher knapp aus.
Vision
Die Veranstaltenden möchten weiter kreative Lösungen erarbeiten und sich so neue Gestaltungsoptionen eröffnen. Eine Idee ist beispielsweise, Frühlingserwachen mit Upcycling-Kunstwerken – also Kunst aus Abfall oder ausgedienten Gegenständen – zu dekorieren. Eine weitere Idee ist, selber Bierzeltgarnituren und Zelte zu kaufen und diese wiederum an lokale Partner:innen zu verleihen, um Transportwege weiter zu reduzieren und das Netzwerk in Wilhelmsburg zu unterstützen.
Allgemeine Informationen zu den hier umgesetzten Maßnahmen findet ihr in den folgenden Kapiteln unserer Handreichung
7.1 Catering
7.2 Konsumverhalten
7.3 Mehrweg & Verpackung
Nachhaltiges Catering beim Frühlingserwachen: Umweltfreundliches und bezahlbares Angebot für alle Besucher:innen
Problematik
Ein nachhaltiges gastronomisches Angebot geht in der Regel mit erhöhten Kosten einher: Biologische und fair gehandelte Zutaten sind teurer als ihre konventionelle Alternativen und auch die Logistik fürs Spülen von Mehrweggeschirr ist mit zusätzlichen Ausgaben verbunden. Gleichzeitig sollten umweltfreundliche Speisen und Getränke für alle bezahlbar sein. Dies ist insbesondere im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg mit vielen einkommensschwachen Familien ein Spagat, den es zu meistern gilt.
Lösungsansatz
Die Veranstaltenden des Frühlingserwachens bieten deshalb nicht nur nachhaltige Gastronomie zu üblichen Preisen an, sondern haben zusätzlich Lösungen für vergünstigte umweltfreundliche Speisen und Getränke erarbeitet. Dafür haben sie verschiedene Partner:innen aus Wilhelmsburg mit ins Boot. So hat die Umweltorganisation BUND e. V. in 2022 Kaffee, Kuchen und selbstgepresste Säfte gegen Spende angeboten. Die KulturKapelle, eine Einrichtung für entwicklungspolitische Bildung, hat vegane und vegetarische Salate sowie Softgetränke zum Selbstkostenpreis verkauft. Die Veranstaltenden haben außerdem für alle Caterer einen Mindeststandard für nachhaltige Gastronomie entwickelt. Dieser fordert Mehrweglösungen, die Vermeidung von Lebensmittelabfällen und den Schwerpunkt auf vegetarische und vegane Speisen aus biologischen und fair gehandelten Zutaten. Statt Einweg-Verpackungen kommen beim Frühlingserwachen Servietten, von den Gästen mitgebrachte Becher und Mehrweggeschirr (in 2022 unter anderem Weckgläser und Holzbretter) zum Einsatz. Gespült wird das Mehrweggeschirrs dezentral an verschiedenen Orten in der Nähe des Parks, da es im Park keine passende Logistik gibt.
Herausforderungen
Es ist vor allem herausfordernd, lokale Caterer mit nachhaltiger Gastronomie zu finden. Die Veranstaltenden gehen jedoch mit verschiedenen Anbieter:innen ins Gespräch und erarbeiten individuelle Lösungen. So konnte Frühlingserwachen 2022 sogar einen konventionellen Stand gewinnen, der sein Angebot auf die Mindeststandards umstellte. Außerdem haben die Veranstaltenden 2022 den Transport des Kaffee-Fahrrads Kaffair nach Wilhelmsburg organisiert und allen Caterern Mindestumsätze garantiert, um das wirtschaftliche Risiko zu teilen.
Bilanz
Nachhaltige Gastronomie auf einer Veranstaltung anzubieten, ist eine Schwierigkeit; eine andere, diese auch für alle Besucher:innen bezahlbar zu machen. Indem die Veranstaltenden Essen und Trinken auch gegen Spende beziehungsweise zum Selbstkostenpreis verkaufen, können sie auch Menschen mit geringem Einkommen ein Angebot machen. Dieses Konzept hat sich bewährt und wird auch sehr positiv von den Besucher:innen aufgenommen. Bisher beschränkt sich das Angebot jedoch in erster Linie auf Getränke und süße Speisen. Um das Angebot auf weitere, vor allem herzhafte Gerichte auszuweiten, braucht es neue kreative Lösungen – nicht nur hinsichtlich des Preises, sondern auch mit Blick auf die Logistik fürs Spülen.
Vision
Um den Stadtteil bestmöglich einzubinden, möchte Frühlingserwachen beim Catering zukünftig noch mehr mit Partner:innen aus Wilhelmsburg kooperieren, wie beispielsweise mit dem Wälderhaus am Rand des Inselparks. Lokale Akteure erhalten so nicht nur zusätzliche Verdienstmöglichkeiten, sondern es werden auch Ressourcen eingespart, da bestehende Logistik genutzt wird und die Anfahrt entfällt. Idealerweise sind dies Caterer, die nicht nur umweltfreundliche Gastronomie anbieten, sondern auch auf der sozialen Ebene nachhaltig arbeiten.
Allgemeine Informationen zu den hier umgesetzten Maßnahmen findet ihr in den folgenden Kapiteln unserer Handreichung
7.1 Catering
7.2 Konsumverhalten
7.3 Mehrweg & Verpackung
Zusammen mit unseren Partner:innen haben wir uns das Ziel gesetzt, eine nachhaltige Veranstaltung auf die Beine zu stellen. Noch ist das Frühlingserwachen kein perfektes nachhaltiges Fest. Aber wir erproben, was vor Ort möglich ist und was wir als Organisator:innen bewirken können. Wir tragen das Thema Nachhaltigkeit so ins Viertel. Es ist motivierend zu sehen, wenn wir Menschen für die Thematik begeistern und für den ein oder anderen Aha-Effekt sorgen können.
Nina Schewe – Bezirksamt Hamburg-Mitte