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CSD-Straßenfest
Ort: Binnenalster (Bezirk Hamburg-Mitte)
Zeit: an einem Wochenende im Juli/August
Anzahl der Gäste: über 300.000 Besucher:innen
Institution: Hamburg Pride e. V. und AHOI Events GmbH
Kontakt: info@ahoi-events.de / https://www.hamburg-pride.de/
Tatenbank-Maßnahmen in diesem Fallbeispiel:
Die Hamburg Pride Week findet jedes Jahr eine Woche lang im Juli bzw. August statt. Höhepunkt der Pride Week ist der Christopher Street Day (CSD) am Samstag. An dieser großen Demonstration nahmen 2022 in Hamburg mehr als 300.000 Menschen teil. Ein weiterer fester Bestandteil der Hamburg Pride Week ist das CSD-Straßenfest. Das Fest rund um die Binnenalster findet über das ganze Wochenende statt und bietet neben Gastronomie-, Verkaufs- und Infoständen viel Musik auf verschiedenen Bühnen. Besonders abends verwandelt sich der Jungfernstieg und Ballindamm in eine riesige Tanzfläche. Während der Hamburg Pride Week feiern die Menschen die Vielfalt und fordern Gleichberechtigung und Akzeptanz für Menschen der LGBTQIA+-Community. So ist auch das CSD-Straßenfest möglichst barriere- und diskriminierungsfrei gestaltet, es gibt Uni-Sex-Toiletten und viele Stände informieren über queere Themen. Die Veranstaltenden legen aber nicht nur Wert auf soziale Nachhaltigkeit, sondern haben auch ökologische Aspekte im Blick. 2022 wurde beispielsweise das CSD-Magazin erstmals umweltfreundlich gedruckt und Standbetreiber:innen, die gewisse Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, ein Rabatt bei den Standgebühren gewährt.
Pride Magazin: Druck nach dem Blauen-Engel-Standard und reduzierte Auflage
Problematik
Das Pride Magazin erscheint jährlich zur Hamburger Pride Week. Es berichtet über das Programm sowie das aktuelle Motto der Veranstaltungswoche. Das Magazin liegt kostenlos an verschiedenen Orten in Hamburg und Umgebung aus. Für die Veranstaltenden ist das Magazin zentral, um über die verschiedenen Angebote zu informieren, Geschichten zu erzählen, aber auch um den politischen Forderungen Ausdruck zu verleihen. Der Druck verbraucht jedoch Ressourcen wie Papier und Farbe sowie Energie. Auch die benötigte Auflage ist in der Regel schwer abzuschätzen und oft landen zu viele gedruckte Hefte ungelesen im Müll.
Lösungsansatz
Die Veranstaltenden können auf das Magazin nicht verzichten, möchten es aber so klimaschonend wie möglich gestalten. Seit 2022 lassen die Veranstaltenden das Pride Magazin deshalb nach den Anforderungen des Umweltzeichens Blauer Engel drucken. Dies bedeutet, dass beim Druck ausschließlich recyceltes Papier sowie solche Farben, Lacke und Klebstoffe verwendet werden dürfen, die sich später wieder vom Papier lösen lassen. Denn nur so sind die Papierfasern recyclebar. Außerdem verbietet das Umweltzeichen gewisse umwelt- und gesundheitsschädliche Substanzen in Farben und Lacken. Laut Umweltbundesamt gibt es derzeit etwa 65 Druckereien in Deutschland, die nach dem Blauen-Engel-Standard produzieren. Für den Druck des Magazins haben die Veranstaltenden mit der Druckerei NEEF + STUMME GmbH aus der Lüneburger Heide kooperiert. Aber nicht nur das „Wie“ ist beim Druck eines Magazins entscheidend, sondern auch das „Wie viel“: So haben die Veranstaltenden als zweite wichtige Maßnahme die Auflage des Magazins von 28.000 auf 22.000 Stück verringert, um die Umweltauswirkungen weiter zu senken.
Herausforderungen
Der umweltfreundliche Druck ist mit deutlich höheren Kosten verbunden. Jedoch konnten die Organisator:innen mit der reduzierten Auflage des Magazins wiederum Kosten einsparen. Die Kombination aus einer verringerten Stückzahl und umweltfreundlichem Druck ist also eine gute Lösung, um solche Maßnahmen zu finanzieren – mit einer doppelten Entlastung für die Umwelt. Gleichzeitig bedarf es einer guten Recherche, um möglichst umweltfreundliche Druckereien zu finden. So gibt es auf dem Markt verschiedene Zertifikate und Recyclingpapier ist nicht immer gleich Recyclingpapier. Die tatsächlichen Auswirkungen auf die Umwelt können daher von Druckerei zu Druckerei sehr unterschiedlich sein. Die Veranstaltenden haben zudem großen Wert auf die Zertifizierung aller eingesetzten Materialien gelegt – angesichts der herrschenden Ressourcenknappheit eine weitere Herausforderung.
Bilanz
Die Veranstaltenden blicken sehr zufrieden auf diese Maßnahme. Zwar steht der Inhalt des Magazins nach wie vor im Vordergrund, aber durch die Reduzierung der Auflage und die Zusammenarbeit mit einer umweltfreundlichen Druckerei sind sie ihrem Ziel, als Akteur in der Veranstaltungsbranche möglichst nachhaltig zu agieren, ein Stück nähergekommen.
Vision
Die Veranstaltenden möchten das Pride Magazin auch zukünftig nachhaltig drucken lassen. Um dies bestmöglich umsetzen zu können, haben sie die verfügbaren Angebote und Zertifizierungen auf dem Markt stets im Blick. So ist AHOI Events derzeit mit verschiedenen Druckereien im Gespräch. Die Veranstaltenden sind auch darauf vorbereitet, die Auflage eventuell noch weiter zu reduzieren und somit eine möglichst umweltfreundliche Herstellung finanzieren zu können.
Anreiz für Nachhaltigkeit: Rabatte für umweltfreundliche und sozial engagierte Stände beim CSD-Straßenfest
Problematik
Betreiber:innen, die ihren Stand nach nachhaltigen Kriterien führen, müssen in der Regel Mehrkosten stemmen. Denn ihre Arbeit ist aufwendiger, zum Beispiel weil Mehrweggeschirr gespült werden muss, und ihre Anschaffungskosten höher, zum Beispiel von Bio-Lebensmitteln. Gleichzeitig können die Standbetreiber:innen ihre Verkaufspreise meistens nicht im gleichen Maße erhöhen, denn sonst riskieren sie, Kund:innen zu verlieren. Schließlich stehen sie in direkter Konkurrenz mit anderen Ständen. Ihr Geschäft ist deswegen in der Regel weniger ertragreich.
Lösungsansatz
Vor diesem Hintergrund möchten die Veranstaltenden des CSD-Straßenfestes, die AHOI Events GmbH, Standbetreiber:innen belohnen, die nachhaltig wirtschaften. 2022 haben sie deshalb in einer Pilotphase Betreiber:innen, die gewisse soziale und ökologische Kriterien erfüllen, einen Rabatt bei den Standgebühren gewährt. So erhalten Stände einen Rabatt von 5 %, wenn ihr Speiseangebot zu mindestens der Hälfte aus regionalen, biologischen oder fairen Produkten besteht, von 2 %, wenn sie ausschließlich Mehrweggeschirr nutzen, von 1 %, wenn sie umweltschonende Reinigungsmittel verwenden, und von 1 %, wenn sie sich sozial engagieren. Standbetreiber:innen können somit insgesamt einen Rabatt von 10 % erhalten. Mithilfe eines einfachen Nachhaltigkeitsantrags können die Stände den Rabatt beantragen. Mit diesem monetären Anreiz möchten die Veranstaltenden auch solche Anbieter:innen erreichen, die sich bisher noch gar nicht oder wenig mit Nachhaltigkeit befasst haben. AHOI Events GmbH druckt deshalb zudem auf allen ihren Rechnungen einen Hinweis auf den Nachhaltigkeitsrabatt – unabhängig davon, ob dieser gewährt wurde oder nicht. Mit dieser Maßnahme knüpft AHOI Events GmbH an ihr bisheriges Nachhaltigkeitskonzept an: So ist die Verwendung von Einweggeschirr aus Plastik auf dem CSD-Straßenfest ohnehin verboten und auch in den vergangenen Jahren wurden nachhaltige Standbetreiber:innen bereits mit einer besseren Platzierung und einzeln gewährten Rabatten belohnt.
Herausforderungen
Die Ermäßigungen sind vor allem finanziell herausfordernd: Je mehr Rabatte die Organisator:innen gewähren, desto geringer fallen ihre Einnahmen aus. In 2022 war dies unproblematisch, da die Einnahmen durch große konventionelle Gastronom:innen und Händler:innen ausreichten, um die Umsatzeinbußen gegenzufinanzieren. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es den Veranstaltenden derzeit nicht möglich sein dürfte, allen Ständen einen Rabatt zu gewähren. Perspektivisch braucht es also eine Lösung für die Finanzierung der Maßnahme. Denn Ziel ist schließlich, möglichst viele Standbetreiber:innen zu nachhaltigem Handeln zu bewegen, also möglichst oft einen Rabatt zu gewähren. Eine weitere Herausforderung besteht darin, die Kriterien so zu gestalten, dass tatsächlich umweltfreundliches und soziales Handeln – und nicht Trittbrettfahren – belohnt wird. Wenn beispielsweise ein Burgerstand den Rabatt für nachhaltige Speisen beantragt, weil er die Brötchen von einer lokalen Bio-Bäckerei bezieht, die Rindfleisch-Patties jedoch aus Massentierhaltung stammen, dann wäre ein Rabatt nicht angemessen – auch wenn die Hälfte der Zutaten nachhaltig ist. Es ist nicht einfach, hier eine einheitliche, transparente, gerechte und gleichzeitig unkomplizierte Lösung zu finden.
Bilanz
Die Bilanz der Veranstaltenden zur Maßnahme fällt sehr positiv aus: Viele Betreiber:innen, die sich bisher wenig mit ökologischen und sozialen Themen befasst haben, haben ihren Stand in 2022 entlang der Nachhaltigkeitskriterien umgestellt. Zusätzlich wurden den schon länger nachhaltig handelnden Gastronom:innen und Händler:innen der Rabatt gewährt. Insgesamt erhielten etwa 10 Prozent der Stände auf dem CSD-Straßenfest den Nachhaltigkeitsrabatt. Die Organisator:innen betonen, dass es gerade zu Beginn einer solchen Maßnahme hilfreich ist, die Kriterien nicht zu hoch anzusetzen, um auch solche Akteure zu einer Umstellung zu bewegen, die bisher wenig auf Nachhaltigkeit geachtet haben. Bewährt hat sich auch das leicht verständliche und übersichtliche Antragsformular.
Vision
Die Veranstaltenden möchten auch weiterhin Nachhaltigkeitsrabatte gewähren, um möglichst viele Betreiber:innen auf das Thema aufmerksam zu machen und sie gleichzeitig zu belohnen. Sicherlich müssen die Veranstaltenden dabei den Antrag in den nächsten Jahren immer wieder den aktuellen Anforderungen und Bedürfnissen anpassen und auch erweitern. Allerdings erklären die Organisator:innen, dass solche pauschalen Rabatte nur eine Ergänzung zur individuell vereinbarten Rabatten und Absprachen sein können. Denn Listenpreise und Pauschalrabatte werden individuellen und ausgefeilten Standkonzepten oft nicht gerecht.
Die Zukunft kann nur nachhaltig gestaltet werden, wenn auch die Veranstaltungsbranche ihren Beitrag dazu leistet.
AHOI Events GmbH
Stand der Texte: Februar 2023